Prof. Karl Hochwarter 1926-2023

11.12.2023 | VHS

Unser Ehrenmitglied Prof. Karl Hochwarter ist am 11. Dezember 2023 im Alter von 97 Jahren verstorben. 

Die Verabschiedung findet am Fr., 29.12.2023 um 15:00 Uhr in der Feuerhalle Simmering (11., Simmeringer Hauptstraße 337) statt.

Im Folgenden ein Auszug aus dem Nachruf von Christian Stifter, Direktor des Österreichischen Volkshochschularchivs.

Der engagierte und leidenschaftliche Volksbildner Karl Hochwarter leitete über vier Jahrzehnte „seine“ Volkshochschule Wien-Nord – Floridsdorf (1948–1986) und darüber hinaus noch drei „Häuser der Begegnung“ und zwei Volksheime seines Heimatbezirks Floridsdorf, wo er nicht nur pädagogische Innovationen setzte, sondern auch zum Lehrer für eine ganze Generation von Volksbildnern wurde. Mehrere spätere Direktorinnen und Direktoren der Wiener Volkshochschulen sowie später hochrangige Beamte oder Politiker sind als pädagogische Assistenten durch seine Schule gegangen, unter anderem der heutige Bürgermeister der Stadt Wien, Dr. Michael Ludwig.

Obwohl leidenschaftlicher Wiener, hat er sich nie mit den Stadt- oder Bezirksgrenzen beschieden, sondern sich im Rahmen des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen stets für gesamtösterreichische Volkshochschulagenden verdient gemacht. Im Rahmen des „Internationalen Arbeitskreises zur Aufarbeitung historischer Quellen zu Geschichte der Erwachsenenbildung“ hat er bis ins hohe Alter die Ideen und Ideale der Volkshochschulbewegung engagiert hochgehalten und weitergetragen.

Prof. Karl Hochwarter wurde am 11. Dezember 1926 in Wien geboren, wo er die Volks-, Haupt und Berufsschule absolvierte. 1941 – mitten im Zweiten Weltkrieg – konnte er seine kaufmännische Lehre in der Wiener Lokomotivfabrik aufnehmen, die er 1943 mit dem Lehrabschluss zum Industriekaufmann abschließen konnte. Noch im selben Jahr wurde er für sechs Monate zum Arbeitsdienst verpflichtet und vom 1. Mai 1944 bis zum 4. Mai 1945 zum Militärdienst bei der Deutschen Wehrmacht eingezogen. Vom Mai bis Ende Oktober 1945 war er in russischer Kriegsgefangenschaft.

Nach einer kurzen Phase als Rundfunkinstandsetzer, während der er auch mehrere Fachprüfungen für Rundfunk und Kinotechnik abgelegt hatte, begann er im Oktober 1947 im damaligen Verein „Volksbildungshaus Floridsdorf“ mit der Planung und Organisation von Filmveranstaltungen im Vortragssaal Schlingerhof. Dies war sein Einstieg in die Wiener Volksbildung, der er sein Leben lang treu blieb.

Am 1. April 1948 wurde Hochwarter hauptamtlicher Sekretär des Vereins „Volksbildungshaus Floridsdorf“ und somit mit der Geschäftsführung der Volkshochschule Wien-Nord betraut, die damals noch die Bezirke Floridsdorf und Donaustadt umfasste. Mit der Bestellung zum Volkshochschuldirektor hatte er seine Berufung gefunden.

Das Rüstzeug als Volksbildner erwarb er sich auf internationalen Studienreisen nach Großbritannien und Skandinavien, wo er 1949 Dänemark besuchte und mit dem dortigen System der Heimvolkshochschulen bekannt wurde. Prägend war für ihn insbesondere die Zeit an der dänischen Volkshochschule Askov, aber auch seine Teilnahme an der 1. UNESCO-Konferenz in Helsingør. Zurück in Österreich brachte er die Erfahrungen und Erkenntnisse in die Planungen für das neue Bildungskonzept der „Wiener Lebensschule“ ein, deren ersten Lehrgang Hochwarter am 15. Februar 1955 im Volksheim Großjedlersdorf eröffnen durfte.

Als umsichtiger und stets für das Neue aufgeschlossene Direktor der Volkshochschule Wien-Nord machte er „seine“ Volkshochschule zu einer der führenden Einrichtungen in Wien. Darüber hinaus war er an den Planungen für die zu errichtenden Volksheime in Großjedlersdorf und Kaisermühlen sowie die Häuser der Begegnung in Floridsdorf, in der Großfeldsiedlung und in der Donaustadt maßgeblich beteiligt.

Zeit seines Lebens interessierte sich Karl Hochwarter für Technik. So war es naheliegend, dass er die naturwissenschaftlich-technischen Kurse an der Volkshochschule Floridsdorf auf- und ausbaute, welche er in der Folge zu einem frühen Zentrum für die EDV- und Elektronik-Ausbildung in Wien machte. Seine Verbundenheit mit dem Bezirk und zu den Arbeitern und Lehrlingen in den Floridsdorfer Betrieben führte zur Schaffung von Bildungslehrgängen für Lehrlinge, zu berufsnahen Kursangeboten in Mathematik, Statistik, Elektrotechnik und Elektronik und in weiterer Folge zu VHS-Zertifikatskursen in Elektronik sowie Kursen zur Digitalelektronik samt Laborübungen.

Der Zweite Bildungsweg war Hochwarter von Anfang an ein großes Anliegen. Ab dem Herbst 1981 konnte die Volkshochschule Floridsdorf Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung anbieten, die ein Studium ohne Matura ermöglichten. Dabei kamen wissenschaftliche Vortragsreihen wie die Aktion „Die Universität geht in die Außenbezirke“ nicht zu kurz. Die späteren Seminare zu Kreativitätstraining für Menschen über 50 und das Modellseminar „Zukunftsplanung für den Ruhestand“ waren frühe innovative Programmangebote im Bereich der „Altenbildung“.

Seine praktischen Erfahrungen in der Erwachsenenbildung und im Programmmanagement konnte Karl Hochwarter von 1985 bis 1987 als Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien-Favoriten weitergeben, wo er zu den Themen Erwachsenenbildung in Österreich sowie zur Bedarfsermittlung und Planung in der Erwachsenenbildung unterrichtete.

1986 wurde Hochwarter zum Präsidenten der Gesellschaft der Kunstfreunde, der späteren Gesellschaft für Kunst- und Volksbildung – Kleine Galerie, gewählt. Am Ende seiner beruflichen Laufbahn ging für ihn 1989 – wie er selbst sagte – ein Lebenstraum in Erfüllung, als er für einige Monate interimistisch zum Direktor der altehrwürdigen Volkshochschule Ottakring bestellt wurde, die sich zu jener Zeit in einer schwierigen Phase befand.

Im Wissen darum, dass die gesellschaftliche Relevanz der Volksbildung nur gewahrt werden kann, wenn sie auch jederzeit ihre Bedeutung zu dokumentieren vermag, war er 1987 einer der zentralen Proponenten und Mitbegründer des Vereins zur Geschichte der Volkshochschulen, als deren erster ehrenamtlicher Geschäftsführer (1988–1994), danach auch noch als Schriftführer (1994–1997) und Kassier (1998–2010) er nachhaltig zum Auf- und Ausbau des Österreichischen Volkshochschularchivs zu einer international einmaligen Institution beigetragen hat. Die vom Österreichischen Volkshochschularchiv seit 1990 herausgegebene Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung ging wesentlich auf die Initiative Karl Hochwarters zurück.

Verbunden mit seiner Arbeit am Österreichischen Volkshochschularchiv war auch seine langjährige Mitwirkung am „Internationalen Arbeitskreis zur Aufarbeitung historischer Quellen der Erwachsenenbildung“ sowie seine organisatorische Betreuung der seit 1981 jährlich stattfindenden internationalen Konferenzen des Arbeitskreises als ihr österreichischer Sekretär.

Seine Verdienste um die Erwachsenenbildung in Österreich wurden 1971 mit dem „Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich“, 1988 mit der „Viktor Adler-Plakette“ der SPÖ, 1989 mit der Verleihung des Berufstitels „Professor“, 1992 mit dem „Preis der Stadt Wien für Volksbildung“ sowie 1998 mit der nur ganz selten vergebenen Ehrenmitgliedschaft des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen gewürdigt.

Mit Karl Hochwarter verliert die Österreichische Erwachsenenbildung einen ihrer herausragendsten und engagiertesten Vertreter.

Das Österreichische Volkshochschularchiv ist sein Vermächtnis – es wird ihm ein besonders ehrendes Andenken bewahren.

(Bild: Karl Hochwarter, aufgenommen bei einer historischen Konferenz im Linzer Wissensturm November 2007. Copyright ÖVA.)