Maria Hofstätter erhält den Axel-Corti-Preis
02.07.2025 | EB in Österreich
Maria Hofstätter, Rede im RadioKulturhaus zur Verleihung des Axel-Corti-Preises am 16. Juni 2025
Danke an die Jury für diese Auszeichnung!
Ich war sehr überrascht, als ich den Anruf bekam und über diese Ehrung informiert wurde. Mit einem Preis für Erwachsenenbildung hätte ich nun wirklich nicht gerechnet.
Schon gar nicht von Institutionen, die Leuchttürme der Erwachsenenbildung sind und jede davon selbst diesen Preis verdienen würde!
Ich sehe mich ja eher als Lernende und nicht unbedingt als Lehrende.
Aber letztendlich sind wir wohl alle auch Lehrende. Wir beeinflussen uns gegenseitig und andere, ob wir wollen oder nicht – manche mehr, manche weniger – sicher mehr in der Rolle als Eltern, wenn wir einen pädagogischen Beruf haben oder öffentlich tätig sind, aber Verantwortung für unser Tun und unsere Haltung haben wir alle.
Ich bin Nutznießerin eines staatlichen Bildungssystems, das jedem Kind eine weiterführende Ausbildung ermöglichte! Und genauso muss es weiterhin bleiben beziehungsweise sollte der Zugang zur Bildung für jedes Kind noch verbessert werden!
Abgesehen von der persönlichen Freude etwas Neues zu wissen und zu können, bedeutet Bildung ein Mehr an individueller Freiheit: freie Lebensplanung, mehr Wahlmöglichkeiten in beruflicher Hinsicht, mehr Teilhabe am Sozial- und Kulturleben, mehr finanzielle Sicherheit, Gesundheit und Autonomie. Und solange man am Leben ist, ist Lernen möglich und immer von Nutzen. Und deshalb braucht es auch ein breites und niederschwelliges Angebot in der Erwachsenenbildung – mit hohem inhaltlichem Anspruch.
Aber nicht nur das Individuum profitiert von Bildung, sondern vor allem die Gesellschaft! Indem sie das volle Potenzial, alle Begabungen und Talente von allen Mitgliedern nutzen kann. Und freie Bürger und Bürgerinnen sind weniger stark manipulierbar und somit ist Bildung eine der besten Absicherungen für unsere Demokratie!
Ich glaube, es ist ein Irrtum zu meinen, wir haben durch die digitalen Medien sofort und so viele Informationen zur Verfügung, dass wir auf Lehrende gut verzichten können! Im Gegenteil!
Informationen allein bedeuten noch nicht Wissen! Informationen kann man passiv konsumieren, Wissen muss man sich aktiv aneignen. Eine Informationsflut ist nur digitaler Lärm, der uns rational und emotional überfordert. Zum Lernen braucht es Zeit, Ruhe, Stille, Konzentration und oft Anleitung. Informationen können wahr oder falsch sein. Es braucht Wissen und oft langjährige Erfahrung Informationen richtig einordnen zu können.
Um Werte wie Respekt, Empathie, die Wichtigkeit von Wissenschaft, Forschung und Kunst zu begreifen, brauchen wir ein lebendiges lehrendes Gegenüber!
Mehr denn je sind Schulen, Medien und alle Institutionen der Erwachsenenbildung gefragt hier Aufklärungsarbeit und Hilfestellung zu leisten.
Wir dürfen das Ziel, eine demokratische Bildungsgesellschaft zu bleiben, nicht aus den Augen verlieren, um mit Herz und Verstand Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit zu finden, um nicht zur autoritären digitalen Empörungsgesellschaft zu werden.
Ich möchte in Dankbarkeit – und auch stellvertretend für all jene, die wertvolle und oft unbezahlte Bildungsarbeit leisten, aber nie dafür öffentlich gewürdigt werden – heute den Axel-Corti-Preis entgegennehmen und wünsche uns allen Mut, Kraft und Energie für eine humanistische Gesellschaftsordnung einzustehen.